Wochentags - feiertags

Nudelteig

21.07.2013

Nachdem ich ein paar Rezepte gepostet habe, in denen ein oder mehrere Eiweiß, aber keine Dotter verwendet wurden (Maccaron-Torte, Nektarinentarte und Pavlova), hier nun die Lösung für den Dotterüberschuss: Nudelteig.

Zum Beispiel kann man für Freund*innen, Familie oder sich selbst ein tolles Essen machen, indem man eine Eiweiß-Nachspeise mit selbstgemachten Ravioli kombiniert.

Die schlechte Nachricht: Die Nachspeise ist ziemlich sicher weniger zeitaufwendig als die Hauptspeise, wird aber aufwendiger aussehen.

Denn Nudelteig selber machen braucht ein bisschen Zeit. Und dann muss man ja noch die Fülle/Sauce machen und dann mit dem Teig zusammenzubringen...

Aber das ist alles machbar (und die Nachspeise kann man ja vielleicht am Vortag machen), falls man eine Nudelmaschine hat. Hat man keine, kann man theoretisch mit dem Nudelwalker arbeiten, aber das lohnt sich meiner Meinung nach nicht (ich hoffe, ich trete mit dieserm Einschätzung niemandem auf den Schlips).

Aber falls wer eine Nudelmaschine hat - oder sich eine ausborgen kann - und einen Sonntag-Vormittag nicht viel zu tun hat: Unbedingt mal ausprobieren, zumindest mir macht Nudelteig-Machen einen enormen Spaß und befriedigt dieses "ich will was mit meinen Händen machen"-Bedürfnis, das sich nach einer Woche Computer-Arbeit einstellt.

Ich habe meine Nudelmaschine aus der Speis meiner Oma mitgenommen, dort standen nämlich zwei herum (kein Diebstahl, sie war einverstanden). Meine Oma hat früher immer die Suppennudeln für die Sonntagssuppe selbst gemacht und mir auch ihr Rezept verraten:
1,5 Häferl Mehl, 2 Eier, kein Salz

Funktioniert, die Nudeln werden aber nicht sehr geschmeidig (was bei den fadendünnen Suppennudeln kein Problem ist), was wohl am Eiweiß liegt.

Deshalb habe ich ihr Rezept mit dem aus "River cafe cook book green" von Rose Gray und Ruth Roger für rich egg pasta kombiniert:
400 g Tipo 'oo' pasta flour, 20 große Eidotter, 1 Esslöffel Meersalz

400 g Mehl (egal, welche Sorte) und 20 Dotter? Schmeckt sicher gut - wie auch nicht, bei der Menge Fett - , aber what the fuck? Geht vielleicht in einem Restaurant, in dem die Leute richtig viel Geld lassen (und die Eiweiß-Verwertung auch kein Problem darstellt), aber zu Hause?

Also deshalb hier meine Version mit den Mengenangaben meiner Oma (minus Eiweiß) und der Methode von Gray und Roger!

Zutaten

  • 2 Häferl = 325 g Mehl (weißes Weizenmehl)
  • 3-4 Dotter
  • ev. 1-3 El Wasser
  • Nudelmaschine oder einen Nudelwalker und wirklich viel Geduld und Kraft

reicht für:

4 Personen (z.B. für Ravioli)

Zubereitung

Das Mehl und die Dotter in einer Rührschüssel mischen und mit den Knethäken mixen. Falls das nicht gut geht (zu trocken), die Finger nehmen. Wenn sich dann immer noch nichts Teigähnliches bildet, einen Esslöffel Wasser hinzufügen, wieder versuchen, eventuell noch einen Esslöffel usw. Nur nicht zu viel Wasser auf einmal - es braucht wirklich nicht viel!

Sobald es geht, aus dem Teig eine Kugel formen und dann noch mit der Hand weiterkneten. Durch das Kneten werden Dotter und Mehl miteinander verbunden und das Wasser/Fett des Dotters ermöglicht dem Mehl, Klebeketten zu bilden => elastischer Teig.

Um dem Ganzen noch mehr Zeit für die Klebeketten zu geben, den Teig in ein Plastiksackerl (oder Folie) einschlagen und eine halbe Stunde im Kühlschrank rasten lassen.

Dann die Küchenmaschine montieren, und zwar am besten an einem langen, leeren Holztisch. Holz => Teig klebt nicht so schnell an, lang und leer => Platz für Teigstreifen.

Dann die Fläche fein mit Mehl einstäuben und den Teig rausholen. Nochmal ein bisschen durchkneten und dann vierteln. Dieses Viertel beidseitig über eine Ecke der bemehlte Tischfläche ziehen, damit es außen nicht klebrig ist und gut durch die Nudelmaschine geht.

Die Nudelmaschine auf der glatten Walze auf die größte Einstellung einstellen und das erste Viertel durchdrehen. Es wird etwas ähnliches wie ein Streifen rauskommen, keine Panik, das ist okay.

Einfach - und das ist wichtig und kommt von Gray und Roger - der Länge nach zusammenfalten (zweimal für meine Nudelmaschine) und um 90 Grad drehen (hi, T!). Wieder beidseitig über eine bemehlte Ecke ziehen, eventuell abklopfen und dann so durch die Nudelmaschine drehen, dass eine der offenen Seiten des gefalteten Teiges als erstes hineinkommt (siehe Foto). So wird die Luft hinausgequetscht.

Es kommt ein Teigstreifen heraus (manchmal auch nicht, dann halt das Ergebnis trotzdem falten, bemehlen, um 90 Grad gedreht durchdrehen), den man mit einer Hand sanft stützt, damit er nicht beim Durchkurbeln des Restes reißt. Diesen Vorgang nicht weniger als 9 Mal wiederholen, also insgesamt 10 Mal.

Und ja, das bedeutet, dass man am Ende mindestens 44 mal Teig durch die Nudelmaschine gedreht hat. Wenn man ein mittelgroßes Kind zur Verfügung hat, wird es ungefähr 5 Durchgänge lang kurbeln wollen, andere Hilfe sollte man nicht erwarten. Ich empfehle ein Hörbuch - aber in Wirklichkeit geht es relativ schnell vorbei.

Nun hat man also das erste Viertel 10 Mal durch die Nudelmaschine gedreht (leichtes Einmehlen nicht vergessen) und jedes Mal ist der Teig ein bisschen elastischer und glatter geworden - Glückwunsch!

Nun stellt man die Nudelmaschine auf die kleinste Einstellung (glatte Walze) und zieht den so entstandenen, und wieder leicht eingemehlten, Teigstreifen ungefaltet durch. Wenn alles gut geht, dann hat man nun einen dünnen Teigstreifen, den man vorsichtig auf eine unbenötigte Ecke des bemehlten Tisches legt. Wenn nicht, nochmal falten, bemehlen, durchdrehen.

Und weiter geht's bei den anderen drei Vierteln (nicht vergessen, zurück auf "groß" zu stellen)!

Am Ende hat man 4 dünne Teigstreifen, die man nun entweder zu Ravioli verarbeiten kann (am aufwendigsten, aber auch sehr lecker), oder zu Lasagneblättern (am wenigsten Teig-Schneide-Aufwand, aber eigentlich ist mir mein Teig dafür zu schade) oder zu Bandnudeln (wenig aufwendig, Teig kommt gut zur Geltung, mit Nudelmaschine oder Messer).

Man kann auch Figuren daraus ausstechen (5-Minuten-Kinderhilfe - oder bin ich zu pessimistisch?).

Und man kann die fertigen Nudeln dann trocknen (mit Mehl bestäubt auf einem Holzbrett locker und luftig, je nach Nudelart 1/2 - 3 Tage), aufheben oder hübsch verpackt verschenken.

Auf jeden Fall: Viel Spaß!

P.S.: Diesmal mit wirklich vielen Fotos, weil ich verhindern wollte, dass wer in der Mitte des Prozesses verzweifelt, weil die Streifen nicht wirklich Streifen, sondern einer bizarren Form von Lochmuster gleichen. Und wir haben gelbe Rollos in der Küche, die an diesem heißen Sonntagvormittag unten waren => Gelbstich.