Pizzateig
Manchmal denke ich, meine Leidenschaft für Teig-Machen hängt auch damit zusammen, dass ich dann so wie früher mit den Getreidekörnen spielen darf.
Als ich ein Kind war (und auch noch, als ich ein Teenager war), hatten wir im Burgenland eine Nebenerwerbslandwirtschaft (jetzt hat meine Mutter vor allem einen großen Gemüse- und Obstgarten) und da war auch immer Getreide im Spiel (wenn ich mich recht erinnere, war es Weizen, sicher aber auch Gerste);
Das Getreide wurde nach der Ernte und dem Dreschen offen in ein bis zwei "großen" Haufen aufgehoben und meine Schwester und ich durften darin spielen, wenn wir uns die Hände und Füße gewaschen hatten;
Zwei Möglichkeiten, nach dem Teigmachen weiter zu verfahren sind übrigens hier und hier zu finden.
Wenn ich jetzt mein Dinkelglas aufmache, dann erinnert mich der staubige Geruch und das Gefühl der Körner zwischen meinen Fingern an diese Spiele und das sind gute Erinnerungen.
Ja: Dinkelkörner sind meine Madeleines!
Das Rezept für den Teig stammt aus dem River Cafe Cook Book Green von Rose Gray und Ruth Rogers. Jamie Oliver hat bei denen gelernt und das merkt man! Was bei ihm der "Spritzer Olivenöl" - bestehend aus einer halben Flasche - ist bei ihnen die Menge an Eiern (Nudelteig für 6 Personen: 20 Dotter), und ja, auch das Olivenöl, und der Schlagobers, und ...
Aber ihr Pizzateig? Perfekt!
Von ihnen habe ich die Info über Roggenmehl und Germ (sie lieben sich) und ich kann das bestätigen: Setzt einen Germteig mit Roggenmehl an und alles ist gut.
Das passt nicht zu allen Rezepten (besonders nicht bei süßem Germteig), aber bei Pizza? Kein Problem!
Seit neuestem gebe ich 100 g frisch gemahlenes Dinkelvollkornmehl dazu und der Teig verträgt es gut, wird sogar noch besser (finden T und ich), muss aber nicht sein. Auch das Roggenmehl muss nicht sein, ich finde es aber gut.
Ansonsten habe ich die Ölmenge im Teig halbiert (aber er wird schon samtiger mit mehr Öl) und das Wasser an das Vollkornmehl angepasst. Wer also keines verwendet, wird mit erst 125 ml Wasser und dann 250 ml Wasser ihr_sein Auslangen finden (sagt das Rezept, habe ich nie ausprobiert, da ich immer mehr/weniger Vollkornmehl mitspielen lasse).
Und Achtung: Für diesen Teig brauche ich 4,5 Stunden - also wenn wir um 18.00 Essen wollen, fange ich um 13.30 an. Aber es gibt auch zwei supergute und erprobte Shortcuts, die ich ganz unten beschreibe!
Zutaten
- 150 g Roggen(vollkorn)mehl
- 4 TL Trockengerm
- 200 ml lauwarmes Wasser
- ev. 100 g Dinkelvollkornmehl + 400 g weißes, glattes Weizenmehl ODER 500 g weißes, glattes Weizenmehl
- 200 ml lauwarmes Wasser
- 1 EL Salz
- 2 EL Milch
- 2 EL Olivenöl
reicht für:
4 Personen, reichlich
Zubereitung
Gleich zu Beginn gibt es zwei Möglichkeiten:
Entweder man folgt genau den Anleitungen des Cafe Cook Book Green und gibt das lauwarme Wasser in eine große Schüssel, streut den Germ hinein und lässt ihn aufschäumen und gibt dann (nach ca. 5 Minuten) das Roggenmehl dazu;
ODER (so mache ich es, aber keine Ahnung, warum),
man gibt das Roggenmehl und den Germ in die große Schüssel, rührt kräftig um und gibt dann das lauwarme Wasser dazu; Vielleicht bin ich einfach durch das ganze Backpulver-gut-mit-Mehl-vermischen-Ding vorbelastet....
Auf jeden Fall lässt man das Germ-Mehl-Ding dann eine halbe Stunde stehen;
Dazu stelle ich den Topf - der bei mir eine riesige Keksdose aus Plastik mit Deckel ist - in das Backrohr und stelle darunter einen Topf mit heißem (aber nicht kochendem) Wasser;
Der Wasserdampf bereitet das perfekte Klima für Germteig (feucht und warm) und der Topf steht mir nicht im Weg herum: win-win-situation!
Nach den 30 Minuten den Vorteig rausholen und das restliche Mehl daraufgeben, dann noch Milch, Öl, Salz und lauwarmes Wasser und mit den Teigquirls des Mixers kräftig durchkneten;
Je länger man knetet, umso besser; Ich nehme mir für solche Gelegenheit ein Buch zur Hand und lese ein paar Seiten (weil ich keinen Standmixer habe und auch keinen will);
Bei den Bildern auf der Seite ist mir das Wasser ausgekommen und der Teig war zu nass;
Allerdings ist der Teig auch mit der korrekten Menge Wasser ziemlich feucht für einen Germteig - das macht ihn später knuspriger!
Daher keine Sorge und weitermachen, was bedeutet: nichts tun (die Germbakterien machen ihren Job) und den Teig wieder ins Backrohr stellen (ev. wieder mit heißem-Wasser-Topf);
Nach 2 Stunden die Schüssel wieder rausholen und den Teig mit den Quirls durchkneten => er wird wieder deutlich kleiner, was aber kein Problem ist;
Wieder 40 Minuten gehen lassen und diese Zeit nun nutzen, um den Belag vorzubereiten (hier ein Link für Weiße Pizza);
Dann den Teig endgültig rausholen, vierteln oder dritteln (je nach gewünschter Pizzadicke) und auswalken, belegen und backen!
Zum Backen habe ich wieder so meine Ideen:
Das Backrohr auf Umluft/Unterhitze oder Unter-/Oberhitze auf 200-220 Grad Celsius aufheizen und das Backblech direkt unten auf den Ofenboden stellen => das heiße Backblech sorgt für einen besonders knusprigen Boden!
Inzwischen den Teig auf einer dicken Schicht Mehl auswalken;
Das Ziel:
Der Teig soll innen feucht bleiben und außen durch das zusätzliche Mehl der Arbeitsfläche und Hände seidig und damit handhabbar werden => wenn das gelingt, fühlt er sich himmlich an (zumindest für Freaks wie mich...);
Für den Transfer von der Arbeitsfläche zum (heißen und geölten) Backblech falte ich den (nochmal leicht Mehl-bestäubten) Teig erst in die Hälfte und dann nochmal in die Hälfte, sodass ich ein Viertel vor mir liegen habe;
Das lässt sich halbwegs leicht aufheben, rüberheben und (hoffentlich problemlos) wieder auffalten;
Wenn ich faul bin, dann rolle ich den Teig direkt im Backblech aus, das geht bei uns aber nur beim flachen, ins tiefe passt der Nudelwalker nicht rein, da falte ich dann...
Den Teig belegen und zuerst ganz unten in den Ofen auf den Boden stellen, bis der Boden knusprig ist; Wenn man nur eine Pizza bäckt oder sehr geduldig mit der nächsten Portion ist, kann man das Blech auch dort lassen; Sonst übersiedelt man es dann weiter rauf und die nächste Ladung kommt auf den Boden;
Die Pizza ist fertig, sobald Belag und Boden durch und knusprig sind!
Hier nun die zwei möglichen Shortcuts, von denen ich oben gesprochen habe:
Shortcut 1: Einfrieren
Einfach den Teig an einem Tag vorbereiten, wenn man eh zu Hause rumhängt (Wochenende?) und am Ende (nach den 40-Minuten-Gehen) in einen Plastiksack stecken und in den Tiefkühler geben (dabei ein bisschen Platz im Sack lassen, denn der Teig geht noch ein kleines bisschen weiter, bis die Kälte die Bakterien gekillt hat);
Wenn man dann unter der Woche Pizza will, holt man den Teig in der Früh raus und gibt ihn in den Kühlschrank;
Am Abend sollte er aufgetaut sein und fertig fürs Ausrollen;
Selbstverständlich kann man den Teig auch teilen und mehrere 1-Pizza-Portionen einfrieren, so wie ich es in den Fotos 09_01-09_03 auf der rechten Seite gemacht habe (das sind die vor dem Dinkelglas-Foto am Schluss);
Einmal habe ich auch die doppelte Menge gemacht - aber das war ein Disaster, da der Teig beim Aufgehen meine (sehr große) Schüssel gespregt und den Ofen eingesaut hat... Also: Auf eigene Gefahr!
Shortcut 2: Kühl gehen lassen
Wer in der Früh ein bisschen Zeit hat, kann den Teig in der Früh bis zu dem Schritt "2 Stunden gehen lassen" machen und dann in den Kühlschrank oder einen anderen kühlen Ort (Vorzimmer/Abstellkammer/Schlafzimmer...) geben;
Durch die niedrige Temperatur geht der Teig viel langsamer, aber bis man am Abend wieder zu Hause und hungrig ist, haben die Germ-Bakterien trotzdem ihre Arbeit getan und der Teig ist fertig.
Dann heißt es nochmal (kurz) durchkneten, Belag vorbereiten und dann ausrollen/belegen/backen!
Genausgut funktioniert das über Nacht für frische Foccacia (halbe Menge reicht für ein Blech):
In der Früh hat man einen wunderbaren Teig, den man nur noch auf eine geöltes, tiefes Backblech gießen muss;
Dann den Teig mit Olivenöl bepinseln/bespritzen, mit spitzen Fingern über das ganze Blech ziehen und (kleine) Löchern akzeptieren;
Div. Geschmackzutaten (Kräuter, Oliven, Chilliflocken, Kirschen, ...), aber auf jeden Fall grobes Salz oder grober Zucker (und ev. noch mehr Öl) darüber und genauso wie Pizza backen;
Köstlich und perfekt für Brunch!
Viel Spaß und guten Appetit!